Yanel Barbeito: Eine deutsch-kubanische Tanzgeschichte

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Foto: Omar Gomez

Tanzen mit körperlicher Einschränkung. Die Kubanerin Yanel Barbeito tritt trotzt ihrer spastischen Lähmung im kubanischen Fernsehballett und inzwischen auch auf deutschen Bühnen auf. Vor über dreißig Jahren war sie das erste Mal in Deutschland, in der damaligen DDR erhielt sie von 1978 bis 1982 eine wertvolle medizinische Behandlung. Nun ist sie zurückgekehrt. Yanel Barbeito beteiligte sich am Stück „UpDATING YOU“ der Kölner Tanztheatergruppe DIN A 13. Doch die lebensfrohe Tänzerin ist eine Ausnahme. Noch immer leben viele Menschen mit Behinderungen in Kuba unter schwierigen Bedingungen und kämpfen für Ihre Rechte.

Radiobeitrag für den Nachrichtenpool Lateinamerika, 22. Dezember 2016


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Von der Gelähmten zur Profitänzerin

koeln-7Draußen ist endlich der Frühling angekommen, doch den Tänzerinnen und Tänzer bleibt keine Zeit für Kaffeepausen unter den Bäumen auf dem Gelände der Kölner Wachsfabrik. Nur wenige Tage fehlen bis zur Premiere von „UpDATING YOU“, und noch immer stimmen einige Schritte nicht. Yanel Barbeito springt auf die Bühne und tanzt mit einem jungen Mann im Rollstuhl. Sechs Stunden Probe am Tag, eine unglaubliche Anstrengung für eine Frau, die ihre Arme und Beine nur eingeschränkt bewegen kann. Trotzdem ist die Kubanerin glücklich. Denn mit der DINA13-Tanzcompany macht die 44jährige völlig neue Erfahrungen.

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DeutschlandRadio, 13. Mai 2016

Das Fremde produktiv machen

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Updating You. Foto: Omar Gomez

Als sie das erste Mal nach Deutschland kam, war sie noch ein junges Mädchen. Im zarten Alter von sieben Jahren brachte ihr Vater Yanel Barbeito nach Ostberlin. Sie konnte weder laufen noch sprechen konnte, und weil in Havanna alle Behandlungen ausgereizt waren, sollten die Ärzte im Klinikum Buch helfen. Das Krankheitsbild war schwierig: Die kleine Yanel hatte einen Moment zu lange gebraucht, um auf die Welt zu kommen. Vielleicht vier, fünf Sekunden. Das führte zu einer Sauerstoffarmut, die eine kurze Lähmung des Gehirns hervorrief. Deshalb konnte sie ihre Arme und Beine zunächst gar nicht bewegen. Mediziner nennen das infantile Zerebralparese. Doch die Kubanerin hat ihre eigene Erklärung für die verspätete Geburt: „Ich hielt mich im Bauch meiner Mutter versteckt, um nicht zu sehen, was draußen passierte.“

 
37 Jahre später ist Yanel Barbeito nach Deutschland zurückgekehrt. Sie steht auf einer Bühne in der Kölner Wachsfabrik und probt mit der DIN A 13 Tanzcompany das Stück UpDATING YOU. Sie kniet auf dem Boden, springt hoch, wirft die Hände nach oben und lässt sich wieder fallen. Gemeinsam mit dem Rollstuhlfahrer Fabian Dirla und drei weiteren Tänzerinnen und Tänzern bewegt sie sich selbstbewusst aus dem Dunkel des hinteren Bühnenbereichs nach vorne. Dann tanzt sie im Duo mit einem körperlich unbeeinträchtigten Partner, kokettiert mit ihren weiblichen Reizen und spricht von Sex. Er lacht – vielleicht über sie, vielleicht auch über sich selbst. Wer ihr in diesem Moment zuschaut, glaubt nicht, dass die heute 44jährige in ihrer Kindheit zu kaum einer körperlichen Bewegung fähig war.

taz, 11. Mai 2016

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