Mexiko außer Kontrolle: Wo kriminelle Kartelle das Land regieren

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Ayotzinapa: Ich bin langsam, aber schonungslos – die Gerechtigkeit. Foto Kristin Gebhardt

Entführungen, Erpressungen, Morde – seit Jahren fordert der mexikanische Drogenkrieg seine Opfer. Über 100.000 Menschen sind seit 2006 gestorben, mindestens 25.000 wurden verschleppt.

Häufig können die Verbrecher auf den Schutz staatlicher Vertreter bauen – in vielen Gemeinden stehen die Bürgermeister auf den Gehaltslisten der Kartelle, lokale Polizisten und andere Beamte arbeiten oft direkt für die Mafia. Längst hat die Bundesregierung in einigen Regionen die Kontrolle verloren. Kritiker werfen ihr vor, nicht konsequent gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorzugehen.

Die Menschen versuchen indes, sich selbst zu helfen und organisieren sich in Bürgerwehren. Und sie machen sich selbst auf die Suche, um nach ihren verschwundenen Angehörigen zu suchen.

Radiobeitrag für den ORF, Journal Panorama, 11. Februar 2016,

 

„Die Mafia tötet Sozialaktivisten“

barrera_aktion_3_415_260Die Ermittlungen im Fall der 43 mexikanischen Studenten sind unzureichend. Und die Angehörigen sind skeptisch, sagt Menschenrechtsaktivist Abel Barrera.

taz: Herr Barrera, letzte Woche hat die Generalstaatsanwaltschaft im Fall der 43 verschwundenen Studenten drei Geständige präsentiert. Sie gaben an, sie hätten die Studenten getötet, verbrannt und die Asche weggeworfen. Die Angehörigen sind skeptisch. Warum?

Abel Barrera: Die Behörden versuchen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein paar Jugendliche zu lenken, die für die organisierte Kriminalität arbeiten. Indem sie die Geständnisse so hervorheben, wollen sie die Verantwortung staatlicher Behörden vertuschen. Man will an dem Bild festhalten, das Problem sei nur die Mafia. Bislang liegen keine wissenschaftlichen Beweise vor. Warum sollten sich die Angehörigen mit den Aussagen von drei Personen zufriedengeben, wo es viel mehr Zeugen gibt?

taz, 13. November 2014

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Vertuschung eines Massakers

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Mexikos Streitkräfte: Unberechenbare Soldaten, Foto subcomandanta / flickR

Mexikanische Soldaten haben im Juni dieses Jahres 15 Menschen kaltblütig hingerichtet. Um die Exekution zu verschleiern, fälschten Ermittler Dokumente, und Armeeangehörige manipulierten den Tatort. Zu diesem Schluss kam jetzt die Nationale Menschenrechtskommission des Landes. Behördenleiter Raúl Plascencia sprach am Dienstag in Mexiko-Stadt von einer der „schlimmsten Menschenrechtsverletzungen, die das mexikanische Militär verübt hat“. Präsident Enrique Peña Nieto, der bereits wegen des Verschwindens von 43 Studenten im September in der Stadt Iguala international in der Kritik steht, gerät angesichts der Vorwürfe noch mehr unter Druck.

taz, 23. Oktober 2014

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Staatszerfall auf Raten

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Bundesweit kam es nach dem Mord an mutmaßlich 43 Studenten zu Protesten

Sie hatten Spenden gesammelt, um zu einer Demonstration nach Mexiko-Stadt zu fahren. Dort wollten sie am 2. Oktober an einem Marsch zum Gedenken an ein Militärmassaker teilnehmen. Mindestens 300 Studenten waren damals, im Jahre 1968, ermordet worden. Doch aus der Fahrt wurde nichts: Die jungen Männer, die vor knapp drei Wochen in der Stadt Iguala im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero um ein paar Pesos Unterstützung gebeten hatten, wurden selbst Opfer eines Massenmordes. Lokale Polizisten und Killer der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ (Vereinigte Krieger) töteten aller Wahrscheinlichkeit nach 43 der Studenten aus der pädagogischen Fachschule Ayotzinapa.

woxx, 16. Oktober 2014

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Das nächste Massaker

Pädagogische Fachschule Ayotzinapa
„Ohne revolutionäre Theorie gibt es keine revolutionäre Praxis“ – Fachschule Ayotzinapa / Tixtla / Mexiko

Sie hatten Spenden gesammelt, um zu einer Demonstration nach Mexiko-Stadt zu fahren. Dort wollten sie am 2. Oktober an einem Marsch zum Gedenken an das Massaker von Tlatelolco von 1968 teilnehmen, bei dem mindestens 300 friedlich demonstrierende Studenten vom Militär ermordet worden waren. Doch dann kam alles anders: Die jungen Männer, die vor knapp drei Wochen in der Stadt Iguala im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero ein paar Pesos Unterstützung gesucht hatten, wurden offenbar selbst Opfer eines Massenmords. Polizeibeamte hatten am 26. September drei Busse gestoppt, die von den Studenten der pädagogischen Fachschule Ayotzinapa »beschlagnahmt« worden waren, um nach Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften nach Hause zu kommen. Die Polizisten eröffneten das Feuer. Kurz darauf beschossen Killer der kriminellen Organisation Guerreros Unidos (Vereinigte Krieger) einen weiteren Bus und ein Treffen der Studenten. Sechs Personen starben, 43 verschwanden.

Jungle World, 16. Oktober 2014

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Vereinigte Mörder

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Eingang der pädagogischen Fachschule Ayotzinapa, Tixtla, Guerrero, Mexiko

Für die Angehörigen der verschwundenen Studenten im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero war die Nachricht ein neuer Schock: Wieder wurden vier Gräber gefunden, in denen wohl die Leichen ihrer Söhne, Brüder oder Cousins liegen.

Und einmal mehr müssen ihnen die Worte des Präsidenten Enrique Peña Nieto wie Hohn erscheinen. Schockierend, schmerzhaft und inakzeptabel seien die Vorfälle, ließ der Staatschef schon nach dem Fund der ersten Massengräber am vergangenen Wochenende wissen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Angehörigen bereits acht Tage nach jenen 43 jungen Männern gesucht, die seit einem Angriff von Polizisten und Mafia-Killern Ende September verschwunden waren.

Kommentar auf taz.de, 10. Oktober 2014

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Soldaten in Mafia-Hochburg geschickt

Pädagogische Fachschule Ayotzinapa in Tixtla im Bundesstaat Guerrero
Pädagogische Fachschule Ayotzinapa in Tixtla im Bundesstaat Guerrero

BERLIN taz | Nach dem Fund von drei Massengräbern im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero haben in der Stadt Iguala Soldaten und Bundespolizisten die Kontrolle übernommen. Präsident Enrique Peña Nieto hatte angeordnet, die lokalen Beamten zu entwaffnen. Die föderalen Sicherheitskräfte suchen indes weiterhin nach zahlreichen Pädagogikstudenten, die Ende September verschwunden sind.

taz, 8. Oktober 2014

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Prügel und Elektroschocks

Am 7. August 2012 dringen Soldaten mitten in der Nacht in das Haus von Claudia Medina Tamariz in der mexikanischen Hafenstadt Veracruz ein. Sie fesseln die Frau und verbinden ihr die Augen. Noch bevor die Mutter dreier Kinder versteht, was passiert, wird sie zur Vernehmung auf einen nahe gelegenen Marinestützpunkt gebracht. Man wirft ihr vor, einer Bande anzugehören, die fünf Journalisten getötet hat, mit Drogen handelt und für weitere kriminelle Delikte verantwortlich ist.

Zum Amnesty-Journal 6 / 7 2014: „Stop Folter“

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„El Chapo“ am Pazifik gefasst

Er ist einer der reichsten Männer der Welt und war der meist gesuchte Kriminelle der US-Antidrogenbehörde DEA. Nun sitzt „El Chapo“, der „Kleine“, wie Joaquín Guzmán Loera wegen seiner geringen Körpergröße genannt wird, im Gefängnis. Marinesoldaten und Beamten der US-Antidrogenbehörde DEA haben den mexikanischen Mafia-Boss am Samstag in der Hafenstadt Mazatlán im Bundesstaat Sinaloa festgenommen. Der 56-jährige Chef des Sinaloa-Kartells wurde daraufhin in den Hochsicherheitsknast Altiplano nahe Mexiko-Stadt gebracht.

Artikel in der taz vom 24. Februar

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Miliz gegen Mafia gegen Militär

Gemeindepolizei in Tierra Colorada, Guerrero
Gemeindepolizei in Tierra Colorada, Guerrero

BERLIN taz | Die Kämpfe zwischen Bürgermilizen und der Mafia im mexikanischen Bundesstaat Michoacán haben einen neuen Höhenpunkt erreicht. Autonome Selbstverteidigungsgruppen nahmen in den letzten Tagen mehrere Städte ein, die bislang vom Tempelritter-Kartell kontrolliert wurden.

Damit kontrollieren die als Bürgerwehren gegen die Gewalt der Drogenkartelle gegründeten Milizen 33 Gemeinden und kesseln die als Mafia-Zentrum geltende Kreisstadt Apatzingán weiter ein. Um die Gebiete zurückzugewinnen, hat Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong am Montag weitere Soldaten und Bundespolizisten in die Region geschickt.

Artikel in der taz vom 14. Januar 2014

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