Ya basta

ungassDie kühnste Idee kam von Hector Astudillo Flores. Man solle den Anbau von Schlafmohn und Marihuana legalisieren, forderte der Gouverneur des südmexikanischen Bundesstaats Guerrero – einer Region, deren Opiumproduktion die Hälfte des US-amerikanischen Heroinkonsums deckt. »Wir müssen außergewöhnlichen Problemen mit außergewöhnlichen Maßnahmen begegnen«, sagte er im März. Den Vorschlag sollten die Vertreter seines Landes zur UN-Drogenkonferenz UNGASS in New York mitnehmen.

Astudillo will die Legalisierung auf Pflanzen beschränken, die zu medizinischen Zwecken angebaut werden. Dennoch ist sein Vorhaben einer verbreiteten Erkenntnis geschuldet: Wo Hanf, Schlafmohn oder Kokasträucher illegal kultiviert werden, gehören Erpressung, Mord und Totschlag zum Alltag. »90 Prozent der gewalttätigen Vorfälle in Guerrero geschehen im Zusammenhang mit Drogen«, ist der Politiker der ehemaligen Staatspartei PRI überzeugt.

Jungle World, 21. April 2016

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Mexikos Gewaltspirale

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Autonome Milizen in Mexiko

Es hätte der letzte große Schlag gegen die Tempelritter sein sollen. Estanislao Beltrán schoss mehrmals mit seiner Kalaschnikow in die Luft. Dann brüllte der Anführer der Bürgermilizen in die Höhle hinein: »Tuta, ich suche dich immer noch.« Doch der mexikanische Mafiaboss »La Tuta«, der im bürgerlichen Leben Servando Gómez heißt, war längst über alle Berge. Nur eine kaltgestellte Bierdose im Brunnen verwies darauf, dass er sich hier versteckt hatte. Auch an diesem Apriltag sollte der Versuch scheitern, den Chef des Tempelritter-Kartells festzusetzen. Beltráns Truppe musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Und mit ihr ein Kommando der Polizei, das die bewaffneten Selbstverteidigungskräfte im mexikanischen Bundesstaat Michoacán unterstützt.

Neues Deutschland, 9. Mai 2014

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„Ihre letzte Stunde hat geschlagen“

Ein Interview mit dem Sprecher und Koordinator der Selbstverteidgungsgruppen von Michoacán Estanilao Beltrán

Seine Kampfgefährten nennen ihn Papá Pitufo, tatsächlich heißt er Estanilao Beltrán. Seit Februar 2014 ist der 55jährige Viehzüchter und Familienvater Sprecher und Koordinator der Selbstverteidigungsgruppen von Michoacán. In seiner Jugend, so berichtete er einer Tageszeitung, las er Karl Marx, Friedrich Engels und Josef Stalin. Den bewaffneten Gruppen schloss er sich an, nach dem er selbst vom Kartell der Tempelritter entführt worden war.

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Der Druck auf die schwäbische Waffenschmiede steigt

Für die Gemeindepolizei im Einsatz: Gonzalo Morales und David Chanita
Für die Gemeindepolizei im Einsatz: Gonzalo Morales und David Chanita

Tixtla – Sie wollten doch nur demonstrieren, weil einige ihrer Mitstreiter zu Unrecht im Gefängnis saßen. Aber dann eskalierte die Situation. Es kam zu einem Handgemenge. Plötzlich brachten die Polizisten ihre Gewehre in Anschlag. „Da mussten wir ihnen doch ihre Waffen abnehmen.“ Gonzalo Molina sitzt auf einer Bank und blickt nervös um sich. Ständig klingelt sein Handy. Drei Monate ist es her, seit seine Miliz das Rathaus besetzt hatte. Die Geschichte kann für ihn noch böse ausgehen.

Stuttgarter Zeitung vom 4. Februar 2014

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Miliz gegen Mafia gegen Militär

Gemeindepolizei in Tierra Colorada, Guerrero
Gemeindepolizei in Tierra Colorada, Guerrero

BERLIN taz | Die Kämpfe zwischen Bürgermilizen und der Mafia im mexikanischen Bundesstaat Michoacán haben einen neuen Höhenpunkt erreicht. Autonome Selbstverteidigungsgruppen nahmen in den letzten Tagen mehrere Städte ein, die bislang vom Tempelritter-Kartell kontrolliert wurden.

Damit kontrollieren die als Bürgerwehren gegen die Gewalt der Drogenkartelle gegründeten Milizen 33 Gemeinden und kesseln die als Mafia-Zentrum geltende Kreisstadt Apatzingán weiter ein. Um die Gebiete zurückzugewinnen, hat Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong am Montag weitere Soldaten und Bundespolizisten in die Region geschickt.

Artikel in der taz vom 14. Januar 2014

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Kampf den Tempelherren

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Im Kampf gegen die Mafia: Gemeindepolizisten im Bundesstaat Guerrero

Die Auseinandersetzungen zwischen Bürgermilizen und der Mafia in Mexiko haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Bewaffnete Selbstverteidigungsgruppen halten seit dem Wochenende das Rathaus der Stadt Tancítaro im Bundesstaat Michoacán besetzt, um die Gewalt der Kartelle einzudämmen. Unterstützt von großen Teilen der Bevölkerung kontrollieren sie auch weitere Dörfer in der Region.

Die örtliche Polizei musste sich zurückziehen. Neun Mitglieder des Kartells „Die Tempelherren“ seien getötet worden, sagt der Milizen-Anführer José Manuel Mireles. Außerdem sind bei den Schusswechseln zwei Landarbeiter gestorben. Um zu verhindern, dass die Bewaffneten weitere Gemeinden einnehmen, patrouillieren seit Montag Armee und Bundespolizei rund um Tancítaro.

Artikel in der taz vom 20.11. 2013

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Zwangsarbeit für die Kartelle

Über die Ambivalenz zivilgesellschaftlicher Strategien im Umgang mit Gewalt in Mexiko ging es auf einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.

Was tun, wenn der Staat nichts tut? Wenn Polizisten auf der Gehaltsliste der Mafia stehen und Soldaten dafür verantwortlich sind, dass Menschen verschwinden? Um sich gegen den alltäglichen Terror krimineller Organisationen zur Wehr zu setzen, bilden mexikanische Bürgerinnen und Bürger zunehmend autonome, von staatlichen Institutionen unabhängige bewaffnete Gruppen.

In vielen Dörfern der armen südlichen Bundesstaaten Michoacán und Guerrero patrouillieren Männer und Frauen, die sich in diesen Milizen zusammengeschlossen haben. Aber auch im reicheren Norden sind paramilitärische Einheiten entstanden.

Über die Ambivalenz dieser „Volksbewaffnung“ und andere zivilgesellschaftliche Strategien im Umgang mit Korruption und Gewalt sprachen am Dienstag Vertreter aus Mexiko auf einer Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung in Berlin.

Artikel in der taz vom 10. Oktober 2013

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Entwicklungshilfe zwischen den Fronten

Das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ unterstützt mexikanische Kleinbauern mit Projekten zur lokalen Agrarproduktion. Seit aber die Gewalt zwischen Drogenkartellen, Soldaten und Polizisten eskaliert ist, haben sich die Bedingungen für diese Arbeit grundlegend verändert.
Ein Beitrag für „Religionen“ im DeutschlandRadio vom 31. März 2012